Die 5 häufigsten Probleme mit unsichtbaren Krankheiten und wie wir sie gemeinsam lösen

Das Bild zeigt eine weibliche Person in einer Menschenmenge, die mit einer stoppenden Handbewegung auf die Probleme in der Gesellschaft mit unsichtbaren Krankheiten aufmerksam machen möchte

Menschen mit unsichtbaren Krankheiten wie Fibromyalgie, Asthma, Long-/Post Covid, Post Vac oder ME/CFS kämpfen nicht nur mit körperlichen Einschränkungen, sondern auch mit der Herausforderungen einer Gesellschaft, die bei einer Krankheit sichtbare Anzeichen wie Fieber, ein gebrochenes Bein oder dergleichen erwartet. Doch gerade die Unsichtbarkeit vieler chronischen Erkrankungen schafft nicht nur Missverständnisse und Probleme im gemeinsamen Miteinander, sondern löst bei uns Betroffenen Unsicherheit aus, die zur Isolation führen.

Daher ist es in meinen Augen an der Zeit, den Blick für unsichtbare Krankheiten zu schärfen und im gleichen Zug, Betroffenen Kraft und Hoffnung zu geben.

Problem Nr. 1: „Du siehst doch gar nicht krank aus“

Ein Satz, den fast jeder mit einer unsichtbaren Krankheit schon des Öfteren gehört hat. Und ich wette, keiner der Betroffenen, kann zwischenzeitlich diesem Satz mehr neutral gegenüberstehen – auch, wenn er gut gemeint war. Denn diese Aussage verdeutlicht das größte Missverständnis: Wer äußerlich gesund wirkt, kann innerlich schwer verletzt und belastet sein.

Zudem denken viele Menschen in Kategorien. Krankheit bedeutet Schmerz. Krankheit bedeutet Schwäche oder zumindest sichtbare Einschränkungen. Das führt dazu, dass wir Betroffene das Gefühl haben, uns ständig erklären und beweisen zu müssen. Doch warum ist das so?

Akzeptanz und Hilflosigkeit vs. gut gemeinte Worte

Ich persönlich empfinde zwischenzeitlich die Aussage „Du siehst doch gar nicht krank aus“ als Angriff und somit verletzend. Es macht mir meine eigene Hilflosigkeit bewusst, gegen die ich täglich kämpfe. Ich kann innerlich noch so stark sein: trotzdem brauche ich im Alltag Hilfe und Unterstützung. Das zu akzeptieren ist schwer.

Nur weil man mir die Erkrankung nicht ansieht, hab ich doch auch ein Recht darauf, als krank wahrgenommen zu werden. Es kostet eh schon wahnsinnige Kraft und Energie, sich der Krankheit und seiner Symptome unterzuordnen und sich der Erkrankung gegenüberzustellen. Viel lieber würde ich in dieser herausfordernden Situation das tun, was ich im Regelfall automatisch mache: kämpfen, dem momentanen Umstand meine kalte Schulter zeigen und mich dem (aktiven) Leben widmen. Aber dem ist leider nicht so.

Das Problem mit der Rechtfertigung

Wie viele andere Betroffene auch, kämpfe ich gegen die Sprüche an, die uns belasten. Denn mit diesen Aussagen wird uns die Krankheit und ihre damit einhergehenden Symptome abgesprochen. Somit kann ich aus Erfahrung sagen: Es ist harte Arbeit, das Gefühl einer Rechtfertigung zu ignorieren. Einfach, weil die Situation meistens so gar nicht zu uns passt. Wir wurden mit der unsichtbaren Erkrankung von heute auf morgen konfrontiert. Das Leben änderte sich schlagartig, musste angepasst werden. Vieles, was uns vorher als Person und evtl. auch bei der Ausführung im Job oder beim Hobby ausmachte, wird plötzlich infrage gestellt – und doch müssen wir die unsichtbare Krankheit annehmen, geben jeden Tag unser Bestes und versuchen so „normal“ wie möglich, am Leben teilzunehmen.

So lösen wir dieses erste Problem:

Das Umfeld aufklären

Offene Gespräche helfen, Missverständnisse zu klären. Sprich in Bildern, sag, was du denkst und wie du dich fühlst. Denn das macht für viele Außenstehende die unsichtbaren Symptome greifbarer. Zwei Beispiele könnten z. B. sein: „Du siehst es vielleicht nicht, aber mein Energielevel ist ständig an der 10%-Grenze“ oder „Meine Schmerzen sind wie ein unsichtbares 100-kg-Gewicht, das ich jeden Tag tragen muss“.

Das Bild zeigt eine Person, die die Last einer Erkrankung auf dem Rücken trägt und somit bildlich die Gesellschaft aufklären möchte
Die Last einer unsichtbaren Krankheit: Bild wurde mittels KI erstellt

Gesellschaftliches Umdenken

Eine stärkere öffentliche Präsenz von unsichtbaren Krankheiten fördert das Verständnis und die Akzeptanz. Medien, Kampagnen, Selbsthilfegruppen, Blogs wie meiner und du als Lesender, können ihren Teil dazu beitragen, aufzuklären.

Erfolgreiche Kampagnen sind zum Beispiel diese hier:

Problem Nr. 2: Der lange Weg zur Diagnose

Unsichtbare Krankheiten sind schwer zu diagnostizieren, weil ihre Symptome oft unspezifisch sind und sich mit anderen Erkrankungen überschneiden. Betroffene hören oft „Es ist alles in Ordnung. Wir können nichts Außergewöhnliches finden“ – obwohl sie spüren, und vor allem bemerken, dass etwas im Körper so gar nicht stimmt.

Falsche Diagnosen (z. B. psychische Ursachen und somit F-Diagnosen) sind häufig und verschlimmern das Gefühl, nicht ernst genommen zu werden.

Des Weiteren fühlen sich Betroffene zwischen Haus- und Fachärzten hin- und hergeschoben, ohne dabei konkrete Hilfe zu erhalten.

Oft werden wir dabei mit dem Medical Gaslighting konfrontiert. Das bedeutet, dass uns Betroffenen die Erkrankung nicht abgenommen und somit abgesprochen wird.

Das ist die Lösung für dieses Problem:

Aufklärung/Wissen aneignen

Sich selbst Wissen über die Erkrankung und evtl. Studien anzueignen sowie die Symptome z. B. mittels eines Symptomtagebuches schriftlich festzuhalten, kann dabei helfen, Ärzten ein klares Bild zu geben.

Spezialisierte Ärzte aufsuchen

Die Suche nach Fachärzten, Kompetenzzentren wie einer Post Covid-Ambulanz, einer spezialisierten Reha-Einrichtung oder z. B. einem Rheumazentrum ist entscheidend – auch, wenn ich weiß, wie schwer es ist, zum einen diese zu finden und zum anderen einen Termin dort zu bekommen.

Hausärzte, Organisationen und Selbsthilfegruppen geben unter Umständen Empfehlungen.

Geduld bewahren

Es ist wichtig zu wissen, dass der Diagnoseprozess zu einer unsichtbaren Krankheit meist langwierig ist. Genauso wichtig ist es jedoch zu wissen, dass es Gleichgesinnte gibt, die ähnliche Erfahrungen machen bzw. gemacht haben. Sich mit diesen Personen auszutauschen schafft ein Gemeinschaftsgefühl und hilft dabei, die Geduld zu bewahren und Unterstützung an seiner Seite zu wissen.

Welche Vorteile ich persönlich in Selbsthilfegruppen sehe, habe ich kürzlich verbloggt und kannst du gerne hier nachlesen.

Problem Nr. 3: Der gesellschaftliche Druck

Gesellschaftliche Erwartungen, wie Leistungsfähigkeit im Arbeitsleben und im Privaten, können für Betroffene unsichtbarer Krankheiten erdrückend sein. Kommentare wie „Warum arbeitest du nicht?“ oder „Das ist doch nicht schlimm, ich kenne das auch und mache trotzdem meine Arbeit!“, verstärken das Gefühl, nicht genug zu sein. Auch hier ist es leider so, dass sich Betroffene durch solche Aussagen gezwungen fühlen, sich ständig erklären zu müssen, warum sie nicht „funktionieren“.

Gesellschaftliche Vorurteile sowie die Angst als faul oder überfordert wahrgenommen zu werden, verstärkt unsere Isolation bzw. den Rückzug in unsere eigenen vier Wände.

Die Lösung für dieses Problem Nr. 3 ist:

Grenzen klar kommunizieren

Aussagen wie „Heute kann ich den Therapie-Termin nicht wahrnehmen, ich bin zu schwach“ oder „Ich muss mir meine Energie einteilen, um für ca. 2 Stunden am Meeting und somit den konfrontierenden Reizen teilzunehmen“ helfen, den eigenen Zustand zu erklären und Grenzen zu kommunizieren.

Bewusstsein schaffen

Wir Betroffene können Vorurteile abbauen, indem wir die Öffentlichkeit in unser Leben lassen. Wenn wir, sowie Angehörige, Freunde, anderweitige Unterstützer, Selbsthilfeorganisationen und auch Kollegen aufklären, Erfahrungen teilen, öffentliches Informationsmaterial wie z. B. Online-Artikel, Studien oder auch gut recherchierte Dokumentationen weiterleiten, hilft dies schon immens, sichtbar und somit verstanden zu werden.

Angehörige, Freunde und das Arbeitsumfeld einbinden

Angehörige, Freunde sowie das Arbeitsumfeld unterstützen uns, wenn sie aktiv zuhören und Verständnis zeigen. Es hilft uns ungemein, einfach für uns da zu sein – und das ganz ohne Wertung.

Zuhören und dann gemeinsam handeln

Problem Nr. 4: Fehlende Unterstützung im Alltag

Erschöpfung und Schmerzen machen viele Alltagstätigkeiten zu einem Kraftakt. Doch Hilfe anzunehmen, fällt uns Betroffenen schwer. Wir befürchten, als Belastung wahrgenommen zu werden und möchten dies nicht in den Augen unserer Angehöriger und Freunde sehen und erkennen. Denn das macht die Situation für uns noch prekärer/brisanter/schwerer.

Was hilft?

Kommunikation:

Offen miteinander reden, dem Gegenüber zuhören, gemeinsam nach Lösungen suchen wie auch direkt formulierte Bitten wie „Kannst du mir den Einkauf abnehmen?“ erleichtern es dem Umfeld, zukünftig Unterstützung anzubieten.

Entlastung suchen:

Es gibt technische und organisatorische Hilfen (wie Einkaufslieferungen, Nachbarschaftshilfe oder haushaltsnahe Dienstleistungen), die den Alltag erleichtern. Hier findest du den direkten Kontakt: (LINKS EINFÜGEN)

Problem Nr. 5: Der innere Kampf mit Selbstzweifeln

Wenn die Krankheit unsichtbar ist, beginnt ab einem bestimmten Zeitpunkt der Zweifel an der eigenen Wahrnehmung und der (Alltags)Leistung. Wir Betroffene fragen uns, ob es wirklich so schlimm ist, wie wir es wahrnehmen, obwohl uns der Körper längst an die Grenzen bringt. Der Wunsch,“normal“ zu sein, führt zu einem ständigen Konflikt. Dieser innere Konflikt wird oft durch äußere Zweifel verstärkt, sodass wir beginnen, das eigenes Leiden herunterzuspielen. Dazu kommen noch die Vergleiche mit anderen chronisch Erkrankten. Der Gedanke „Andere schaffen es doch auch“ verstärkt zusätzlich das Gefühl, selbst nicht genug zu leisten. Dies kann dazu führen, dass wir Symptome ignorieren oder über unsere Belastungsgrenze gehen, was schädlich ist (lese hier auch gerne meinen Beitrag zu PEM).

Selbstzweifel sind ein natürlicher Teil des Umgangs mit unsichtbaren Krankheiten. Sie müssen jedoch nicht das letzte Wort haben. Der Schlüssel liegt in der Anerkennung der eigenen Erfahrungen, der Suche nach Unterstützung und dem Aufbau eines positiven Selbstbildes.

Lösungsansätze:

Selbstfürsorge als Priorität:

Aktivitäten wie achtsames Atmen, Pacing oder Entspannungstechniken helfen, die eigenen Grenzen besser wahrzunehmen und anzuerkennen.

Üben von Selbstakzeptanz:

Ein weiterer wichtiger Schritt ist die Anerkennung der eigenen Erkrankung – unabhängig davon, ob die Diagnose schon getroffen wurde oder nicht. Die Symptome sind real und können uns nicht abgesprochen werden – unabhängig davon, was andere sagen.

Des Weiteren müssen wir lernen, dass die Krankheit ein Teil unseres Lebens ist und nicht unsere Identität. Wir sind so viel mehr als unsere Erkrankung. Macht Euch dies immer wieder bewusst!

Professionelle Unterstützung suchen:

Gespräche mit Therapeuten helfen, den Selbstwert wieder aufzubauen und belastende Gedankenmuster zu durchbrechen. Bezüglich der Schmerzen zeigen uns Therapeuten Wege, die uns den Umgang mit Symptomen erleichtern.

Sich selbst erinnern und den Fokus anders setzen:

Kleine Rituale wie das Führen eines Dankbarkeitsjournals und das Aufschreiben positiver Erfolge stärken das Selbstvertrauen und lassen uns diese bewusster wahrnehmen.

Welche weiteren Auswirkungen das Führen eines Dankbarkeitsjournals für deine Gesundheit hat, erkläre ich dir gerne in diesem Blogartikel.

Kritische Gedanken hinterfragen:

Um die Härte, die man gegen sich selbst richtet, zu relativieren, hilft die Frage „Würde ich das zu einem Freund sagen?“. Auch statt zu denken „Ich bin nicht genug“, könnte man sich sagen „Ich leiste mein Bestes, und das ist wertvoll“.

Wie kann uns die Politik bei unsichtbaren Krankheiten unterstützen?

  • Forschungsgelder zur Verfügung stellen und am Thema dranbleiben
  • Sensibilisierung und Schulungen für Gutachter, Kranken- und Pflegekassen etc. organisieren, bei denen krankheitsbezogene Organisationen vor Ort sind und aufklären
  • verpflichtende Aus- und Weiterbildungen für Haus- und Fachärzte bei unsichtbaren Krankheiten
  • Hilfsangebote für Angehörige von Betroffenen, die zum Austausch anregen und Unterstützung anbieten, wobei ich hier nochmals separat auf die Eltern von betroffenen Kindern oder Jugendlichen hinweisen möchte.

Fazit: Gemeinsam sichtbar machen

Unsichtbare Krankheiten sind eine Herausforderung, aber auch eine Chance für uns alle, unser Verständnis für das Unsichtbare zu schärfen. Wenn wir als Gesellschaft lernen, besser hinzusehen und zuzuhören, können wir eine Umgebung schaffen, in der Betroffene die Unterstützung erhalten, die sie brauchen. Jeder von uns kann Teil dieser Veränderung sein – sei es durch Empathie, Beschaffung und Weitergabe von Informationen oder einfach dadurch, dass wir Betroffenen den Raum geben, ihren IST-Zustand bzw. ihre Wahrheit zu teilen.

Was denkst du darüber? Welche Schritte können wir gemeinsam unternehmen, um unsichtbare Krankheiten sichtbarer zu machen? Teile deine Gedanken gerne in den Kommentaren. Jede Erfahrung zählt.

5 Kommentare

  1. Eine große Belastung für mich ist es, mich immer wieder erklären zu müssen und dann doch auf Unverständnis zu stoßen. Es oft zu sagen, aber es wird nur abgetan. So fragte meine Mutter am 5. Tag der Reha, ob ich schon eine Verbesserung merke. Oder sie meint an Weihnachten, dann Leg dich jetzt was hin und Ruhe dich aus, dann bist du morgen wieder fit. Das ist der blanke Hohn für mich. Fit habe ich mich seit 2½ Jahren nicht mehr gefühlt. Das frustriert und macht einsam

    1. Liebe Nicole,

      ich kann deine Worte sehr gut nachvollziehen. Auf der einen Seite, ist man irgendwann zu müde, sich dauernd erklären zu müssen. Man denkt, es müsste jetzt doch endlich mal bei dem Gegenüber angekommen sein. Es zermürbt, weil wir keinen Fortschritt sehen.

      Die eigenen 4 Wände sind unser Rückzugsort. Dort müssen wir niemandem unsere Situation erklären und können uns fallen lassen. Aber das Problem dabei ist, dass sich dann nichts in unserem Umfeld und in der Wahrnehmung von unsichtbaren Krankheiten ändert. Es kostet Kraft, dies zu tun: JA. Aber wir machen das ja nicht nur für uns. Wir sind viele. Und wenn jeder einen geringen Teil dazu beiträgt, stärkt das die Hoffnung, etwas in der Welt bzw. im nahen Umfeld zu verändern. Mich persönlich motiviert das – auch wenn ich diese andere, traurige und zurückziehende Seite von mir selbst kenne. Aber ich weiß, dass ich diese „tiefe Phasen“ wieder überwinde – z. B. durch die Freude, die ich verspüre, wenn ich durch einen Kommentar auf einen Blogartikel einen Menschen erreicht habe, für den dieser Artikel zur richtigen Zeit kam.

      Ich danke dir für deinen Kommentar und schick dir von Herzen viel Energie für das Jahr 2025.

      Sevi

  2. Hey,

    danke dir für diesen Artikel. Ich schreibe gerade an einem themenverwandten Beitrag über unsichtbare Symptome bei MS und werde dich auf jeden Fall verlinken! <3

    Ich denke, der erste ganz entscheidende Schritt ist, darüber zu sprechen. In vielen Köpfen ist es noch nicht präsent, dass es unsichtbare Krankheiten bei den Menschen in ihrem Umfeld überhaupt geben könnte. Solange sie einen dann nur sehen, während man "funktioniert", kommen sie halt gar nicht auf den Gedanken, dass man währenddessen mit Schmerzen kämpft oder danach daheim völlig erledigt aufs Sofa kippt. Und das meine ich nicht als Vorwurf… woher sollen sie es denn auch wissen? Ich persönlich bin jemand, der ungern über sich selbst redet und schon dreimal nicht über meine Probleme. Es hat eine Weile gedauert, bis mir klar wurde, dass mein Umfeld meine Herausforderungen daher gar nicht wahrnehmen _kann und mich demzufolge auch nicht unterstützen _kann.
    Auch das Schreiben auf meinem Blog (den auch viele Gesunde mitlesen) ist ein Teil der Aufklärung.

    Das führt mich zum zweiten Schritt… die Maske Maske sein lassen. Mich nicht zurückziehen, wenn ich zu kämpfen habe oder mir mein Körper Grenzen setzt, sondern trotzdem unter Menschen bleiben und Dinge dann halt mit Unterstützung und Hilfsmitteln erleben. Offen sagen, wenn ich etwas nicht kann oder gerade nicht kann. Das hat erstmal viel Überwindung gekostet, weil ich im Bekanntenkreis lange ja nur zu sehen war, wenn es mir gut ging. Aber erstaunlicherweise gehen die meisten Leute nach der ersten Irritation wirklich gut damit um.
    Je konkreter man ist, desto eher können die Leute meiner Erfahrung nach damit "arbeiten" bzw. verstehen es besser und haben dann auch weniger Berührungsängste mit der Krankheit an sich. Viele wissen ja kaum etwas darüber und haben vielleicht falsche Vorstellungen. Ich will ja nicht wie ein rohes Ei behandelt werden. 😀

    Eine Portion Galgenhumor und über sich selbst lachen können, schafft auch Verbindung und nimmt Druck und Schwere raus. Für einen selber, aber auch für andere. Vielleicht ist das auch eine Typsache, aber mir kräuseln sich die Zehennägel, wenn andere mich beispielsweise im Rolli ganz betroffen angucken und mit so einer Grabesstimme bedauern, wie heftig das doch ist. Irghs! Ich reiße da dann gern irgendeinen blöden Witz über mich und meinen fahrbaren Untersatz, damit die Temperatur im Raum bitte wieder mindestens 10°C wärmer wird.

    Wie man selber mit unsichtbaren und eben oft nicht konkret messbaren Symptomen umgeht, das steht nochmal auf einem anderen Blatt… damit struggle ich ziemlich. Einfach weil ich mich damit schwertue, meiner Wahrnehmung zu trauen und halt auch weiß, dass das Empfinden durch das, worauf ich mich fokussiere, tatsächlich anders sein kann. Ich bin ja eigentlich ein absoluter Daten- und Faktenmensch und finde solche nicht messbaren Symptome selber superschwer anzunehmen.

    Alles Gute dir!

    Anne

    1. Hallo Anne,
      vielen, vielen Dank für deinen ausführlichen Kommentar zu diesem Blogartikel.

      Ich stimme dir zu 100 % zu, dass das Umfeld nicht wissen kann, wie es uns geht, wenn wir Betroffene nicht darüber reden. Es mag schwer sein, sich nach außen zu öffnen, aber ohne Kommunikation in beider Richtung funktioniert die Sichtbarkeit und das Verständnis für unsere Situation nicht. Je mehr wir jedoch sind, die ihre Erfahrungen und Erlebnisse teilen, desto mehr können wir gemeinsam bewirken.

      Selbstironie hilft nicht nur uns, sondern auch unserem Umfeld. Es schafft Brücken, löst Spannungen und Ängste und bringt uns gemeinsam auf eine Ebene, in der wir uns in die Augen sehen können. Das meine ich auch wortwörtlich, denn viele schauen anfangs während der Unterhaltung an uns vorbei oder so wie du sagst: schauen uns betroffen an und reden dann mit einer ernsten Grabesstimme zu uns. Das braucht es nicht. Wir sind krank: ja. Wir wollen Empathie, Verständnis und weitere Forschungen zu unsichtbaren Krankheiten wie ME/CFS, MS, Post-/Long Covid, Post Vac oder Fibromyalgie etc – kein Mitleid.

      Gemeinsam ist uns allen Betroffenen, unsere Stärke. Und wenn wir diese in Wörter verpackt in die Welt tragen, tragen wir meinem Erachten nach, zu einem Umdenken bei. Wir werden weitermachen, denn diese Mission liegt uns am Herzen.

      Ich wünsche dir alles Gute, liebe Anne und nochmals Danke für deinen Kommentar!

      Sevi

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