15 unsichtbare Belastungen und wie Angehörige sowie Freunde sie besser verstehen

Rettungsring im Wasser inmitten von Luftblasen unter der Oberfläche. Das Motiv steht für unsichtbare Belastungen bei Long Covid und ME/CFS und zeigt, wie wichtig Verständnis und Halt durch Angehörige für chronisch Erkrankte sind.

„Aber du siehst doch gar nicht krank aus!“ Dieser Satz. Immer wieder dieser Satz. Ich könnte eine Strichliste darüber führen, wie oft ich den schon seit meiner chronischen Erkrankung gehört habe. Aber ehrlich gesagt, fehlt mir dafür die Energie.

Das ist eines von vielen Beispielen aus der Welt mit einer unsichtbaren Erkrankung. Wo man von außen „ganz normal“ wirkt, während in einem drinnen ein permanenter Energie-Blackout herrscht. Wo der Weg zum Auto zur Mount Everst-Besteigung wird und „einfach mal durchziehen“ der sichere Weg in einen mehrtägigen Crash ist.

Dieser Artikel ist für dich, wenn du

  • selbst mit einer unsichtbaren Erkrankung lebst und dich endlich verstanden fühlen möchtest
  • jemanden begleitest und verstehen möchtest, was wirklich in ihm oder ihr vorgeht
  • wissen willst, wie Unterstützung jenseits von gut gemeinten Ratschlägen aussehen kann

Was dich hier erwartet: 15 Einblicke in meinen Alltag mit Long Covid und ME/CFS sowie konkrete Hinweise, wie Verständnis und Nähe gelingen, auch wenn vieles unsichtbar bleibt.

Ich schreibe diesen Artikel, weil ich durch die Unsichtbarkeit meiner Symptome oft missverstanden werde und weil ich weiß, dass Verständnis Beziehungen stärkt.
Ich schreibe als jemand, der glaubt, dass Worte zwischen Unsichtbarem und Sichtbarem, zwischen Betroffenen und Angehörigen, Brücken schlagen können.

🌿 1. Die stille Energiebuchhaltung im Hintergrund (Pacing)

Während andere spontan entscheiden, ob sie noch Sport machen oder im Café gegenüber einen Espresso trinken, läuft in mir ein permanenter Abgleich:

Dusche ich heute Morgen oder wasche ich besser die Haare? Wenn ich jetzt einkaufe, reicht es dann noch für den Anruf beim Arzt? Und wenn ich beides mache, falle ich morgen komplett aus?

Diese Feinabstimmung sieht niemand, aber sie bestimmt meinen Alltag.

Ich sitze nicht mehr einfach „kurz“ ins Café zum gemütlichen Plausch. Mittlerweile muss ich mich darauf vorbereiten und rechne mir ausrechnen, wie viel Zeit und Energie mich ein Treffen kostet: Anfahrt, Sitzen, Gespräch, Rückweg, Regeneration. Und obwohl ich weiß, dass es mich evtl. in einen Crash manövriert, sage ich trotzdem zu – wissend, dass ich die Rechnung später bezahle. Denn auch ich habe das Bedürfnis nach sozialen Kontakten, nach Gesprächen mit lieben Menschen, nach Normalität und Teilhabe.

Für Angehörige und Freunde: Wenn ich zögere, pausiere oder gar absage, ist das kein Desinteresse. Es ist Selbstschutz. Es ist die Frage: Kann ich mir das heute leisten?

🌿 2. Post Exertional-Malaise (PEM): Die Angst vor dem nächsten Crash

Auch gute Tage sind oft trügerisch.

Ich genieße sie, während gleichzeitig im Hinterkopf immer diese Wachsamkeit ist: Wie weit kann ich gehen, bevor der Körper die Notbremse zieht?

Ein „zu viel“ kann bedeuten: drei Tage Bettruhe. Brain Fog, der so dicht ist, dass ich meinen eigenen Satz nicht zu Ende denken kann. Schmerzen, die vorher nicht da waren. Schwindel, der zum Erbrechen führt.

Das ist keine Schwarzmalerei. Das ist Realität, die ich bereits schon dutzende Male erlebt habe.

Für Angehörige und Freunde: Was nach Übervorsicht aussieht, ist nicht Angst vor dem Leben. Traurigerweise ist es Erfahrung im Umgang mit der chronischen Krankheit. Es ist der Versuch, auch morgen noch handlungsfähig zu sein.

Für Betroffene: Diese Wachsamkeit ist nicht schwach. Sie ist klug.

🌿 3. Unsichtbare Symptome, die man deutlich fühlen kann: Fatigue, Brain Fog und Reizüberflutung

Fatigue ist nicht einfach nur müde sein. Es ist, als würde jemand mitten im Satz und deinen Gedanken, den Stecker ziehen. Du fühlst dich wie ein Strichmännchen, das energielos bildlich vor deinen Augen zusammenfällt.

Brain Fog hat nichts mit Vergesslichlichkeit zu tun. Es ist ein Gefühl, als wäre Watte im Kopf. Nichts bleibt greifbar. Wörter verschwinden, Zusammenhänge lösen sich auf. Du stehst neben dir und fragst dich, was du gerade getan oder worüber du gesprochen hast.

Das schlimmste daran? Dass dein Umfeld denkt, dass du durcheinander bist und sie dich behandeln, als wärst du ein Kleinkind.

Reizüberflutung ist nicht „zu empfindlich“ zu sein. Reizüberflutung bedeutet, dass alle Filter im Gehirn verschwunden sind: das Tageslicht ist zu grell und brennt in deinen Augen, Geräusche tun weh und bereiten dir Kopf- und Ohrschmerzen, Berührungen sind nicht aushaltbar, fühlen sich an wie Nadelstiche und führen zur Schwindel und Übelkeit.

Alles für Außenstehende unsichtbar. Und gerade deshalb schwer zu erklären.

Für Angehörige und Freunde: Nur weil man nichts sieht, heißt das nicht, dass nichts da ist. Vertraut uns, wenn wir von diesen unsichtbaren Symptomen berichten. Auch wenn du es nicht nachvollziehen kannst.

Für Betroffene: Du musst das Unsichtbare nicht beweisen. Es ist auch ganz ohne Nachweis real.

🌿 4. Der Wunsch, nicht zur Belastung zu werden

Ich bleibe länger, als mir guttut. Ich sage „passt schon“, obwohl es nicht passt. Ich erledige „nur noch kurz“ etwas und zahle drei Tage dafür.

Nicht, weil ich es nicht besser weiß. Sondern weil da diese leise Stimme flüstert „Mach deinem Mann oder anderen Angehörigen keine weiteren Umstände.“

Wir versuchen mitzuhalten, weil wir nicht das Gefühl haben wollen, zu viel zu sein. Dass wir irgendwann zu anstrengend werden oder gar mit unserer unsichtbarern Kranheit nerven.

Für Angehörige und Freunde: Einer der heilsamsten Sätze, die ihr sagen könnt, ist: „Du musst dich für mich nicht größer machen, als du bist. Deine Grenzen sind okay. Das ist für mich kein Problem.“

Das schafft Sicherheit, wie auch Raum zum Atmen.

🌿 5. Absagen, die uns selbst am meisten wehtun

Letzte Woche: Treffen mit einer ehemaligen Arbeitskollegin. Ich freue mich riesig. Sage zu.

Zwei Tage vorher: Mir geht es schlecht. Ich weiß, dass ich unser Date absagen muss. Mein Körper lässt ein Treffen zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht zu. Und ich hasse es genauso wie meine Arbeitskollegin enttäuscht ist. Mir bleibt jedoch nichts anderes übrig. Ich muss mich und meine Gesundheit an erste Stelle setzen.

Also ran ans Handy. Ich verfasse eine Kurznachricht, lese sie vor dem Versenden nochmals durch. Das Gedankenkarussel setzt sich in Bewegung: „Das ist doch blöd. Schon wieder schaff ich es nicht, mich mit jemanden zu treffen. Was sie wohl denkt?“. Ich lösche die Nachricht, beweine mich kurz selbst und formuliere den Text um. Hoffe, dass sie mir glaubt. Mich nicht „abschreibt“. Mit jedem Mal einer Absage meinerseits, wird meine Angst größer, dass irgendwann niemand mehr nach Kontakt mit mir sucht, weil es sich in ihren Augen eh nicht lohnt anzufragen, weil ich vermutlich absagen werde.

Für Angehörige und Freunde: Flexible Alternativen entlasten enorm. „Komm vorbei, wenn du kannst und geh, wann du musst“. Das nimmt Druck raus und macht Beziehung wie auch Freundschaft leichter.

🌿 6. Die leise Trauer um das frühere Ich (Identitätsverlust)

Manchmal erinnere ich mich an Dinge, die früher selbstverständlich waren. Spontan ausgehen. Lange Gespräche führen. Einfach mal „durchpowern“, wenn’s sein muss.

Und ja, es tut weh zu merken, dass das nicht mehr möglich ist. Vielleicht nie mehr.

Diese Trauer ist normal. Man darf das alte Leben vermissen. Emotionen gehören zum Leben.

Für Angehörige und Freunde: Du musst diese Trauer nicht „wegtrösten“ oder „ins Positive drehen“. Du musst sie nur anerkennen. Ein „Ich verstehe, dass das schmerzt“ hilft mehr als jedes „Sei stolz darauf, wie du mit dieser Erkrankung umgehst“.

🌿 7. Die Pausen zwischen den kleinen Erfolgen

Auf Instagram oder Facebook seht ihr ein Foto von mir, auf dem ich lache (vermutlich sogar eines, das ich als Beitragsbild für einen meiner Blogartikel ausgewählt habe).

Was ihr nicht seht:

  • Die 2 Stunden Liegen vorher, um überhaupt rauszukommen.
  • Die 20 bis 30 Minuten, die ich auf der Terrasse bzw. im Garten verbringe (nicht die 2 Stunden, die andere draus machen).
  • Die 1-2 Tage danach, in denen ich hauptsächlich im Bett liege.

Dieser eine Moment ist nicht der ganze Tag. Er ist ein hart erkämpfter Bruchteil davon.

Für Angehörige und Freunde: Bitte versteht: Wenn ich einmal etwas geschafft habe, heißt das nicht, dass ich es jederzeit kann. Jeder meiner guten Momente hat einen Preis – und den zahle ich meist unsichtbar.

🌿 8. Immer wieder erklären und trotzdem nicht verstanden werden

Ich versuche, meine Situation zu erklären. Ich suche Worte für Symptomauswirkungen, die wenig Menschen nachvollziehen können. Manchmal gelingt es mir, manchmal nicht. Aber oft bin ich einfach zu erschöpft und müde davon, um es nochmal zu versuchen.

Für Angehörige und Freunde: Ihr könnt unterstützen, indem ihr nachfragt statt interpretiert. „Wie fühlt sich das für dich an?“ ist hilfreicher als „Ich kenne das, ich bin auch total oft erschöpft“.

Für Betroffene: Nicht verstanden zu werden, ist nicht dein Fehler. Manche Dinge lassen sich nicht 1:1 übersetzen und das ist okay. Kläre auf, wenn du die Kraft dafür hast. Sonst nicht.

🌿 9. Die ständige Sorge, „zu viel“ zu sein

Auch mit liebevollen Menschen an meiner Seite kommen gelegentlich diese Gedanken auf: Was passiert, wenn das Zusammenleben mit mir irgendwann zu anstrengend wird? Wenn ich 24/7 Pflege brauche? Wenn man in mir nicht mehr die Ehefrau oder Freundin sieht, sondern nur noch Verlust und Verfall?

Rational weiß ich: Die Menschen, die (noch) da sind, bleiben, weil sie wollen. Aber die Angst, nur aus Verpflichtung an meiner Seite zu sein, sitzt mir trotzdem im Nacken.

Diese Angst ist nicht rational, aber sie ist real. Und sie ist Teil des Lebens mit einer chronischen Krankheit, über die kaum jemand spricht.

Für Angehörige und Freunde: Ihr könnt diese Sorge entlasten, indem ihr klar und offen kommuniziert, was in Euch vorgeht. Diese Klarheit ist Gold wert.

🌿 10. Der Verlust der Selbstverständlichkeiten

Manche Dinge, die früher leicht waren, kosten heute Kraft: Duschen. Anziehen. Einen Film schauen. Unterwegs sein, ohne genau zu wissen, wo die nächste Sitzgelegenheit ist.

Das klingt banal, bis man es selbst erlebt.

Für Angehörige und Freunde: Das anzuerkennen ohne zu vergleichen oder zu relativieren wie „Ich finde Einkaufen auch anstrengend“ oder „Das wird schon wieder“, ist eines der größten Geschenke, die ihr uns machen könnt.

Einfach nur hinhören. Glauben. Annehmen.

🌿 11. (Der Zwang zur) Rechtfertigung bei der Nutzung von Hilfsmitteln

Wenn ich mit meinem Rollator unterwegs bin oder bei einem meiner stationären Klinikaufenthalte zu einer Untersuchung auf einen Rollstuhl bestehe, ernte ich oft verständnislose Blicke. Das Problem dabei: ich bin jung und augenscheinlich gesund. Wie kann es daher sein, dass ich auf Hilfsmittel angewiesen bin?

Wenn mir jedoch mein Körper nicht gehorcht, die Beine wegbrechen, die Kraft fehlt, der Schwindel unerträglich ist und die Atmung zu schnell wird, habe ich keine andere Wahl, als auf diese Hilfsmittel zurückzugreifen. Somit werde ich automatisch von meinem Umfeld in eine Richtung gedrängt, die ich nicht mag: ich muss mich erklären. Das ist nicht nur beschämend, sondern auch diskriminierend und verletzend – weil mir wieder mal meine Krankheit abgesprochen wird.

Zwischenzeitlich komme ich ganz gut damit zurecht. Kontern und selbstironisch sein beherrsche ich 1a.

Für Angehörige und Freunde: Die Nutzung von Hilfsmitteln ist ein Akt der Selbstfürsorge. Kein Zeichen des Aufgebens. Helft bitte dabei, die Entscheidung zu verteidigen, statt sie zu hinterfragen.

🌿 12. Die unsichtbare zweite Baustelle mit chronischer Erkrankung: Bürokratie

Krank zu sein, kostet Kraft. Aber vor Behörden und Ärzten beweisen zu müssen, dass man wirklich krank ist, kostet unendlich mehr Energie.

Wir tragen Arztberichte zusammen, füllen zig Formulare aus, erzählen immer wieder alles von vorne – und doch wird die Krankheit von neuen Ärzten, Gutachtern, Krankenkasse oder der DRV in Frage gestellt. Die Folge davon sind erneute Untersuchungen bei anderen Fachärzten oder man erhält eine Überweisung zum Psychologen.

Der Kampf, dass einem geglaubt wird, wird nicht nur körperlich ausgetragen im Sinne von Symptomverschlechterungen oder Crashs, sondern geht wirklich an die Psyche. Auch hier breitet sich der innere Zweifel aus und lässt einen mit seinen Symptomen hadern.

Für Angehörige und Freunde: Diese „Verwaltungsarbeit“ raubt Energie, die wir eigentlich für unsere Stabilisierung des Gesundheitszustandes benötigen. Helfen und unterstützen kann hier schon Kleines: Unterlagen sortieren, beim Ausfüllen der Formulare helfen, bei Telefonaten oder Arztgesprächen dabeisein oder uns einfach danach Raum geben, um uns zu erholen.

🌿 13. Wenn das Leben kleiner wird: Rückzug, der nicht auf Freiwilligkeit beruht

Eine chronische oder unsichtbare Krankheit macht das Leben oft leiser und leerer. Der Radius wird kleiner, die Anrufe oder Treffen weniger. Nachrichten bleiben von uns unbeantwortet. Anrufe werden nicht angenommen. Das geschieht jedoch nicht, weil uns die Freundschaften egal sind, sondern weil schon das Beantworten einer WhatsApp-Nachricht zu viel sein kann.

Man sitzt plötzlich am Rande des Lebens und schaut nur noch zu. Aber mehr ist leider unsererseits nicht drin. Teilhabe hin oder her.

Für Angehörige und Freunde: Bleibt in Kontakt, auch wenn wenig zurückkommt. Ein kurzes „Ich denk an dich“ ohne jeglichen Erwartungsdruck schafft mehr Verbundenheit als lange Nachrichten, auf die eine Antwort erwartet wird.

🌿 14. Zukunft als großes Fragezeichen

Viele chronische Erkrankte erleben ihre Zukunft wie ein großes Fragezeichen. Die Planung dreht sich weniger um „Wohin geht mein nächster Urlaub?“ sondern eher um „Schaffe ich morgen zwei Termine, wobei einer sogar am Nachmittag ist, an denen im Regelfall nichts mehr geht?“

Während andere über Karriereziele, eine eventuelle Selbständigkeit oder größere Reise nachdenken, kreisen meine Gedanken um grundlegende Fragen: Kann ich irgendwann wieder arbeiten? Werde ich jemals wieder ohne Rollator unterwegs sein, längere Strecken gehen oder Berge erklimmen? Wie kann ich für finanzielle Notfälle vorsorgen?

Diese Ungewissheit erzeugt Angst, die immer über mir kreist. Hinzu kommt, dass andere um mich herum Lebenspläne schmieden, während ich aufgrund meiner Erkrankung in sehr kurzen Zeitfenstern denke. Oft nur von Tag zu Tag.

Für Angehörige und Freunde: Haltet die Ungewissheit mit uns aus, ohne sie kleinzureden oder zu optimieren. Sätze wie „Das wird schon wieder“ oder „In einem Jahr sieht alles anders aus“ bauen uns nicht auf. Sie verletzen eher und machen uns traurig, weil wir selbst nicht wissen, ob das so sein wird.

Was wirklich hilft: „Ich bin bei dir, egal was kommt“ oder „Wir finden gemeinsam einen Weg“.

Diese Zusagen geben Halt, ohne falsche Hoffnungen zu schüren. Sie geben uns das Gefühl, nicht so tun zu müssen, als hätten wir alles im Griff und lassen uns wissen, dass wir nicht allein sind.

Für Betroffene: Die Ungewissheit darf sein. Du musst dich nicht stärker geben, als du bist. Ebenso ist die Angst vor der Zukunft ein legitimes Gefühl, das Raum braucht, ohne dass du dich dafür rechtfertigen musst.

Der nächste kleine Schritt lässt sich vielleicht planen. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

🌿 15. Die Rolle als eigener Krankheitsmanager und Experte

Ich bin nicht nur Patientin und Betroffene von einer chronischer Krankheit, sondern auch mein eigener Fallmanager, Termin-Koordinator und Informationssammler. Ich lese mich in Fachberichte und Studien ein, tausche mich mit anderen Betroffenen aus, rede mit den jeweiligen Therapeuten darüber, führe ein Symptom-Tagebuch und überwache meine Medikamenteneinnahme.

Für mich ist das mit einem Vollzeitjob gleichzusetzen. Denn mit meinen Symptomen ist dies eine Denkleistung, die mir geistige Energie nimmt, die ich für mein alltägliches Leben brauche.

Für Angehörige und Freunde: Die geistige Anforderung dieser Rolle kann fast so zermürbend sein wie die Krankheit selbst. Unterstützung bei der Organisation von diversen Dingen ist oft wertvoller als körperliche Hilfe.

🌿 Zusammengefasst: Das hilft und unterstützt uns Menschen mit einer chronischen und/oder unsichtbaren Erkrankung

Für Angehörige & Freunde:

  • Glaube uns, auch wenn man nichts sieht.
  • Höre zu, ohne sofort „lösen“ zu wollen.
  • Übe dich in Flexibilität statt Erwartungen.
  • Feiere die kleine Schritte mit uns, ohne die großen einzufordern.
  • Frag, was gerade wirklich hilfreich für uns ist statt zu vermuten.
  • Fühle dich nicht persönlich angegriffen oder abgewertet, wenn wir absagen müssen.
  • Vermittle uns in deinen Handlungen: „Deine Grenzen sind okay. Du bist mir wichtig, so wie du bist.“

Für Betroffene:

  • Benenne Grenzen klar, bevor sie überschritten werden.
  • Rechtfertige deine Pausen nicht. Sie sind nicht verhandelbar und dienen deiner Gesundheit.
  • Lass Trauer und Wut zu, ohne darin zu versinken.
  • Schenke dir selbst die gleiche Geduld, die du anderen gegenüber aufbringst.
  • Sei dir bewusst: Du bist nicht „zu viel“. Du bist genug.

Warum deine Unterstützung einen Unterschied macht

Die hier aufgeführten unsichtbaren Belastungen sind von außen nicht sichbar. Jede chronische Erkrankung ist auf ihre Weise ein stiller Kraftakt. Und jeder Tag, den Betroffene meistern, ist größer, als er von außen wirkt.

Für Angehörige ist es oft schwer zu verstehen, was hinter der Fassade passiert. Vieles davon findet im Verborgenen der Betroffenen statt. Doch schon allein die Präsenz von Angehörigen und Freunden in Bezug auf das Hinsehen, dem Zuhören und Dasein, durchbricht ein Stück dieser unsichtbaren Welt.

Es entlastet uns, weil wir gesehen und ernst genommen werden. Wir bekommen den Raum, den die Erkrankung jeden Tag von uns fordert.


Was würdest du Angehörigen und Freunden noch mitgeben? Lass es mich gerne in den Kommentaren wissen. Und wenn dir der Artikel hilft oder du dich darin wiedererkennst, teile ihn gerne mit Menschen, die ihn brauchen können. Vielleicht baut er eine Brücke.


Über die Autorin

Ich bin Severine Tanja Rein und lebe seit April 2021 mit der Diagnose Post-/Long Covid und ME/CFS.

Auf meinem Blog atemdenkschaltwerk teile ich meine Gedanken, Erfahrungen, Strategien und inneren Prozesse aus meinem Alltag mit chronischer Krankheit. Mein Ziel dabei ist, chronische und unsichtbare Krankheiten sichtbarer zu machen. Denn wir sind mehr als unsere Symptome. Unsere Geschichten verdienen es, gehört zu werden.

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